Yoel Hoffmann, Die Kunst des letzten Augenblicks, Todesgedichte japanischer Zenmeister, Herder Spektrum, Freiburg, 2000, EUR 8,90, ISBN: 3-451-04965-1. |
Yoel Hoffmann, Die Kunst des letzten Augenblicks, Todesgedichte japanischer Zenmeister, Herder Spektrum, Freiburg, 2013, EUR 8,00, ISBN: 978-3-451-04965-1. |
Yoel Hoffmann ist Autor und Übersetzer
einiger Bücher über Zen-Buddhismus und hat bedeutende
zeitgenössische Romane und Novellen auf Hebräisch veröffentlicht
(siehe unten). Er hält eine Professur für Asiatische Philosophie
an der Universität von Haifa, Israel. Diese deutsche Ausgabe stellt eine Übertragung und Auswahl dar von: Yoel Hoffmann, Japanese Death Poems, Written by Zen Monks and Haiku Poets on the Verge of Death, Charles E. Tuttle Company, Rutland, Vermont, USA, 1996, US $ 16.95, ISBN: 0-8048-1505-4. Die Auswahl besorgte Lukas Trabert vom Verlag Herder, die Prosa Übersetzung nahm Bernardin Schellenberger vor, die Lyrik Übertragung unter Heranziehung der japanischen Gedichte stammt von Munish B. Schiekel, unter freundlicher Mithilfe durch die Japanologin Ruth Jäschke. |
Buddhistische Lyrik gibt es ja schon seit alter
Zeit, seit den Tagen des Pali-Kanon. Viele Lehrreden des Buddha enthalten
am Schluß einen oder mehrere Verse (gâthâ), in welchen
die Essenz der vorangegangenen Ausführungen formschön und leicht
einprägsam zusammengefaßt wurde. Vom Pali-Kanon ausgehend findet sich diese literarische Form, Lehrgeschichte + Vers, in vielen buddhistischen Traditionen wieder, in den Gung-an Sammlungen des chinesischen Chan, in den Legenden der 84 Mahâsiddhis des indischen buddhistischen Tantra, usw. Eine andere und doch innerlich verwandte Form der Essentialisierung stellen die aufbewahrten 'letzten Worte' großer buddhistischer Meister dar. Diese wenigen Worte aus dem Raum des Sterbens hinaus in die Welt der Lebenden weisen ein letztes Mal hin auf die Essenz eines ganzen spirituellen Lebens. Wie immer wieder erinnernswert ist es doch, daß der Buddha in seinen letzten Worten gerade auf die vier Grundlagen der Achtsamkeit als die Essenz seines Weges hinweist. Zitat aus Dîgha-Nikâya16, gekürzt: "Seid euch selbst Insel, seid euch selbst Zuflucht, habt keine andere Zuflucht! Die Lehre sei euch Insel, die Lehre sei euch Zuflucht, habt keine andere Zuflucht! Wie nun seid ihr euch selbst Insel, seid euch selbst Zuflucht, ohne andere Zuflucht? Durch das Praktizieren der vier Grundlagen der Achtsamkeit seid ihr euch selbst Insel, seid euch selbst Zuflucht, ohne andere Zuflucht. ..... Hinausgelangt über die dunklen Bereiche werden all jene sein, die da gewillt sind, sich zu üben!" Die chinesischen Chan-Meister der Tang- und Sung-Zeit gaben ihren Abschiedsworten gelegentlich die Form einer Kalligraphie und im japanischen Zen setzte sich dann das Sterbegedicht (jisei) als die klassische Form der 'letzten Worte' eines Zen-Meisters durch. Später dann wurde in Japan die Tradition der Sterbegedichte so populär, daß auch viele Laienpraktizierende und Haikudichter ein Abschiedsgedicht hinterließen. Prof. Yoel Hoffmann, der an der Universität von Haifa, Israel, über asiatische Philosophie lehrt, hat nun in jahrelanger Arbeit japanische Sterbegedichte aus vielen Jahrhunderten gesammelt, zumeist von Zen-Mönchen und/oder Haiku-Dichtern, hat diese ins Amerikanische übertragen, mit ausführlichen Erläuterungen versehen und 1996 bei Charles E. Tuttle veröffentlicht. Um diese japanischen Abschiedsgedichte vom Sterben von Zen-Übenden und Haiku-Dichtern einem größeren Kreise von deutschsprachigen Lesern zugänglich zu machen, wurde eine möglichst repräsentative Auswahl aus der umfangreichen amerikanischen Originalausgabe von Yoel Hoffmann getroffen (160 Seiten). Die Haiku wurden alle auf deutsch und japanisch (Romaji) wiedergegeben, was Übende oder Kundige der japanischen Sprache sicher erfreuen dürfte. Generell lehnt sich diese deutsche Übertragung stärker an den japanischen Text an als Hoffmanns manchmal etwas freiere englische Übertragung. 'Normal-Sterbliche' werden sicherlich an der deutschen Ausgabe viel Freude finden können, doch wer sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchte, sei auf die amerikanische Originalausgabe verwiesen (366 Seiten, incl. eines allgemeinen Index und eines Romaji-Englisch Index spezieller japanischer Haiku-Worte, die in vielen Japanisch-Lexika fehlen). Eine erwähnenswerte Internet-Adresse zum Thema der Sterbegedichte (jisei) ist: Jisei-Hauptseminar-Seite von Prof. Roland Schneider an der Uni-Hamburg. So wünsche ich also, daß diese japanischer Sterbegedichte für viele Menschen im Westen hilfreich, inspirierend und ermutigend wirken mögen.
Leseprobe: Basho
gestorben am zwölften Tag im zehnten Monat
1694
Das ist das letzte Gedicht eines der größten Haiku-Dichter. Basho war auf einer seiner Reisen ernstlich erkrankt. Als seine Schüler ihn darauf aufmerksam machten, er solle ein Abschiedsgedicht hinterlassen, gab er zur Antwort, jedes seiner Gedichte könne sein Sterbegedicht sein. Trotzdem schrieb er am achten Tag des zehnten Monats dieses Gedicht, nachdem er seine Schüler um sein Bett versammelt hatte. Er starb vier Tage danach. |
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Yoel Hoffmann wurde 1937 in Ungarn als Sohn einer österreichischen jüdischen Familie geboren. Im Jahr darauf gelang es der Familie vor dem Nazi-Terror nach Palästina zu emigrieren. Dort starb dann Hoffmanns Mutter schon sehr früh und er durchlebte eine schwere Kindheit. Später verbrachte Hoffmann einige Jahre in Japan, wo er wissenschaftlich arbeitete, aber auch 2 Jahre in einem zen-buddhistischen Kloster lebte und den Zen-Weg übte. Hoffmann übersetzte, bzw. publizierte die folgenden buddhistischen Werke (einige mit einem Vorwort seines langjährigen Freundes, des Zen-Meisters Hirano Sôjô):
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